Laut Umweltschutzorganisationen verschwindet alle anderthalb Minuten ein Fußballfeld im Regenwald, weil Länder der Europäischen Union Produkte wie Soja, Palmöl oder Kautschuk importieren. Schätzungen zufolge ist der Verbrauch in der EU für etwa 16 % der weltweiten Entwaldung verantwortlich. Die neuen Vorschriften zur Lieferkettenregulierung, über die die Abgeordneten am Dienstag abgestimmt haben, zielen darauf ab, zu verhindern, dass diese Produkte in den EU-Binnenmarkt gelangen, wenn ihre Produktion zu Entwaldung geführt hat. Das Europäische Parlament und die Kommission arbeiten derzeit an neuen Vorschriften für Unternehmen, um die von der EU verursachte Entwaldung zu stoppen.Mit dem neuen Gesetz müssen Unternehmen sicherstellen, dass in der EU verkaufte Waren nicht auf entwaldeten oder degradierten Flächen hergestellt werden. Umweltschützer begrüßen dieses Gesetz, aber laut WWF Österreich muss die volle Kontrolle über die Regeln, einschließlich Strafen, gewährleistet sein.
Die Grünen stimmten gegen die Position zur Waldstrategie
Auch die gestern von den Abgeordneten vereinbarte Position der Kommission zur Forststrategie zielt darauf ab, Europas Wälder zu schützen. Die Grünen stimmten jedoch gegen diese Abstimmung. warum, erklärt der österreichische Europaabgeordnete Thomas Waitz, selbst Waldbauer: „Eine Lobby aus der Forstwirtschaft und den nordischen Mitgliedsstaaten hat dafür gesorgt, dass es keine Vorschläge für eine naturnahe und an Biodiversität orientierte Waldbewirtschaftung gibt, und ohne klimafreundliche Bewirtschaftung auch nicht Klimaziele erreichen. Von dieser Exposition wird abgeraten.” Über die größte Aufregung für Österreich wird allerdings erst heute abgestimmt. Dabei handelt es sich um einen Beschlussentwurf zur „Red III“-Richtlinie zu erneuerbaren Energiequellen, die besagt, dass Holz hauptsächlich als stoffliches Produkt (z. B. für Möbel oder Hausbau) und nur als Nebenprodukt wie Sägemehl oder kleine Äste verwendet werden soll. es muss verbrannt werden. Hintergrund ist unter anderem, dass für größere Heizwerke oft Holz unklarer Herkunft aus dem Ausland über weite Strecken transportiert werden muss und in manchen Ländern schnell wachsende Monokulturen anstelle eines Naturwaldes die Oberhand gewinnen. Zur Diskussion steht nur die Förderfähigkeit, kein mögliches Verbot. Auch kleine Nahwärmeanlagen, die oft in Gemeinden liegen, sind nicht enthalten. Trotzdem schlugen die Wogen in Österreich ein. Steirischer Landrat Hans Seitinger (ÖVP) sprach gleich von einem „Kollaps der Energiepolitik“ und stellte „grüne Atomkraft“ laut Taxonomie-Erlass „nicht-grüne Biomasse“ gegenüber. Vertreter der Wirtschaft jedenfalls sind besorgt: Aus ihrer Sicht entscheidet das Votum des Europäischen Parlaments zu „Red III“ nicht nur über die Zukunft des Waldes, sondern auch über dessen Fortbestand. Österreichs Waldbäuerinnen und Waldbauern sind „erschrocken“, wie der Präsident des Österreichischen Forstverbandes, Rudolf Rosenstätter, sagt. „Es ist unglaublich, dass Biomasse aus dem Wald künftig in Zeiten benachteiligt werden soll, in denen man erneuerbare Energien vorantreiben will“, sagte er der „Wiener Zeitung“. “Sie legen den Förstern Handschellen an.” Natürlich fürchten sie vor allem um diese Einnahmequelle, die laut Rosenstatter essenziell ist. „Wenn es wirtschaftlich nicht mehr machbar ist, können wir es uns nicht mehr leisten, junge Bäume zu pflanzen – und das wollen wir auch nicht“, sagt er.
„Das ist eine ökologische Bankrotterklärung“
Der Präsident des Österreichischen Biomasseverbandes Franz Titschenbacher, der auch Präsident der Landwirtschaftskammer Steiermark ist, sagt: „Wir lehnen diese Richtlinie entschieden ab. Sie ist eine ökologische Bankrotterklärung. Sie ist nicht nachvollziehbar, es fehlt komplett.“ des gesunden Menschenverstandes.” Österreich drohe in seinen Augen sogar ein EU-Vertragsverletzungsverfahren: Da die Wärmeversorgung hierzulande weitgehend auf klimafreundlicher Biomasse aus Holzresten basiere, ohne nachwachsende Holzquellen zur Wärmeerzeugung, würden die EU-Klimaziele verfehlt. sagt Titschenbacher. Holzenergie ist in Europa mit 40 Prozent und in Österreich mit 45 Prozent Anteil „der mit Abstand wichtigste erneuerbare Energieträger“. Reduziert man die Energie von Holz um zehn Prozent, entspricht das dem Photovoltaik-Ausbau der letzten 30 Jahre. Laut Umweltministerium liegt der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Gesamtenergieverbrauch in Österreich bei einem Drittel, beim Strom bei 78,2 Prozent.
“Keine Diskussion über Biomasseverbot”
Auf Nachfrage in Straßburg waren die österreichischen Abgeordneten in dieser Frage gespalten. Claudia Gamon (Neos) spricht von „Fake News“ zu Alarmen in Österreich: Von einem Biomasseverbot sei keine Rede, Österreich solle vielmehr stolz auf eine nachhaltige Waldbewirtschaftung sein: „Hier geht es um die Position des Europäischen Parlaments, mit der wir beginnen die Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission”. Waitz (Grüne) formuliert es ähnlich: Sie wollen das Heizen mit Holz nicht verbieten. Dagegen sei „Red III“ ein von allen Fraktionen gemeinsamer Erfolg, der Raubbau und Zerstörung der Ressource Wald verhindern soll: „Der Rohstoff Holz lässt sich viel besser nutzen als verbrennen.“ Biomasseheizungen könnten noch auf Basis von Primärholz gebaut werden: “Dann aber nicht mit EU-Geldern.” Die FPÖ wolle klar dagegen stimmen, so Roman Haider: „Die EU will hier alles rastern, obwohl Wälder in verschiedenen Ländern ganz unterschiedliche Eigenschaften haben.“ Auch die FPÖ sieht in der Waldstrategie einen “massiven Eingriff in Eigentumsrechte”.
Die ÖVP versucht einen Mittelweg zu finden
SPÖ-Abgeordneter Günther Sidl zeigte sich „überrascht von den kursierenden Falschmeldungen“. Sie müssen den Wald vor Profitgier schützen – die stärksten Bäume fällen und dann verbrennen ist alles andere als nachhaltig. Es ist in Ordnung, den großen Holzfirmen auf den Zehen zu gehen, wenn sie vom Weg abgekommen sind, und damit „viel Geld zu verdienen“. Die ÖVP hingegen versucht einen Mittelweg zu finden. Einerseits hat der Druck der heimischen Landwirtschaft in den letzten Tagen enorm zugenommen, andererseits stimmt die EVP der letzten Kompromisslösung zu. Die Europaabgeordnete Simone Schmiedtbauer, Landes- und Landwirtschaftsbeauftragte und Steirerin, weist darauf hin, dass zwei Millionen Menschen in der EU, davon allein 300.000 in Österreich, ihr Einkommen aus der Forstwirtschaft beziehen. Zu der heute zur Abstimmung stehenden Vorlage sind zahlreiche Änderungsanträge eingebracht worden, und die ÖVP will Zustimmung oder Ablehnung vom Ergebnis abhängig machen. In einem weiteren Schritt werden die sogenannten dreigliedrigen Verhandlungen zwischen Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und Rat beginnen – das letzte Wort ist also noch lange nicht gesprochen.