Die militärischen Erfolge der Ukraine gegen das russische Militär haben den Ruf nach deutschen Panzerlieferungen innerhalb der Leuchtturmallianz immer lauter werden lassen. Politiker von FDP und Grünen haben am Dienstag auf eine solche Unterstützung der Ukraine gedrängt. Sie gingen gegen die Linie von Bundeskanzler Olaf Solz (SPD). Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zeigte sich enttäuscht darüber, dass Berlin sich weiterhin weigere, Panzer und Schützenpanzer zu übergeben. Für diese Haltung gebe es kein “rationales Argument”, sondern nur “abstrakte Befürchtungen und Ausreden”, schrieb Kuleba auf Twitter. Als Wunsch nannte er insbesondere den Kampfpanzer „Leopard“ und den Schützenpanzer „Marder“.

“Deutschland, wir warten auf dein Wort”

Der außenpolitische Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Mykhailo Podoliak, sagte der Bild-Zeitung: “Die deutsche Weigerung, uns während der erfolgreichen Gegenoffensive mit Panzern zu versorgen, ist überraschend und kurzsichtig.” Seine Regierung fordert die Partner auf, “ihr Wort verantwortungsvoll zu nehmen und ihre Versprechen zu halten – oder öffentlich ihren Freiheitsverzicht zu erklären”. „Sechs Monate lang keine Panzer, weil es dazu keine ‚politische Entscheidung‘ gibt“, schrieb der Berater auf Deutsch auf Twitter. Aufgrund des deutschen Zögerns könnte Russland den “Terror” fortsetzen und die Ukrainer müssten sterben. „Deutschland, wir warten auf dein Wort“, wandte sich der 50-Jährige an Berlin. In der ukrainischen Version des Twitter-Posts nannte Podoljak auch direkt die von der Bundesregierung betriebene sogenannte Ringbörse. „Das Ringtauschsystem funktioniert nicht“, hieß es. Gemeint ist, dass die ehemaligen Ostblockstaaten ihre alten sowjetischen Waffenbestände an die Ukraine abgeben und dafür modernes Gerät aus der Bundesrepublik erhalten. Bei der jüngsten Offensive in der Region Charkiw setzte die ukrainische Armee unter anderem von Polen gelieferte T-72-Panzer ein.

„Vereinbarungen sind nicht in Stein gemeißelt“

Scholz und das SPD-geführte Verteidigungsministerium weigern sich bislang, die dringend von der Ukraine gewünschten Panzer zu liefern. Sie argumentieren, dass nicht einmal Nato-Verbündete solches Kriegsgerät liefern und dass Deutschland dies nicht allein leisten könne. SPD-Außenexperte Roth sieht dagegen kein Hindernis: Er forderte die Regierung auf, aktiv zu werden und sich mit den Nato-Verbündeten, allen voran den USA, schnell auf Panzerlieferungen zu einigen. „Es hat noch niemand geliefert, was jetzt benötigt wird, also gepanzerte Mannschaftstransporter, Panzer, aber solche Geschäfte sind noch nicht abgeschlossen“, sagte Roth am Dienstag im Deutschlandfunk. “Deshalb sollten wir uns jetzt in der EU, insbesondere in der Nato, mit den USA zusammensetzen und klären, was wir sonst noch anbieten können.” Diese Panzer, die nun auch aus der Ukraine erwartet werden, könnten seines Wissens “nur die USA und Deutschland liefern”, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Auch die Koalitionsparteien von Grünen und FDP drängen die Regierung mit zunehmender Ungeduld zu einem Kurswechsel. Die Zurückhaltung des Verteidigungsministeriums bei der Waffenübergabe gehe “auf Kosten der Ukraine”, sagte die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann der Nachrichtenagentur AFP. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags widersprach der Darstellung des Ministeriums, alles Mögliche sei von der Bundeswehr gestellt worden: “Wir als Freie Demokraten teilen nicht die Linie, die das Bundesverteidigungsministerium derzeit vertritt.”

Grüne stimmen für weitere Panzerlieferungen

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter sagte gegenüber den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: “Wir werden früher oder später nicht darum herumkommen, die Ukraine mit modernen, westlichen Panzern zu beliefern.” Deutschland dürfe sich nicht länger “hinter anderen Ländern verstecken”. Auch Grünen-Chefin Britta Hasselmann forderte mehr deutsche Waffen für die Ukraine. „Die Ukraine braucht unsere Unterstützung und die unserer Verbündeten mehr denn je – finanziell, humanitär und mit mehr Waffenlieferungen“, sagte er dem Deutschen Verlagsnetzwerk. “Hier sollte es keine allgegenwärtige Zurückhaltung geben.” Der Rüstungskonzern Rheinmetall teilte der ARD am Dienstag mit, er habe 16 Schützenpanzer Marder aus alten Bundeswehrbeständen restauriert – auf eigene Kosten. Die Tanks seien „lieferbar“, es gebe aber noch keine Ausfuhrgenehmigung der Bundesregierung. Rheinmetall habe bereits mit der Bearbeitung von weiteren 14 Frettchen begonnen, berichtete das Hauptstadtstudio ARD. Bei Bedarf könnten 70 weitere Fahrzeuge aus Altbestand wieder eingesetzt werden. Die USA geben Deutschland jedenfalls freie Hand, Waffen an die Ukraine zu liefern. „Wir wissen die militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukraine zu schätzen und werden weiterhin eng mit Berlin zusammenarbeiten“, twitterte die US-Botschaft in Berlin. Die USA forderten “alle Verbündeten und Partner auf, der Ukraine im Kampf um ihre demokratische Souveränität so viel Unterstützung wie möglich zu geben”. Abschließend wird betont: „Die Entscheidung über die Art der Hilfe liegt letztlich beim Land selbst.“ (APA/Reuters/AFP)