Der Fall Brian löste in der Schweiz eine grosse Debatte aus – auch die «Rundschau» 2020 erwähnte ihn. Kein Gefängnisinsasse wurde in der Schweiz häufiger diskutiert als Brian Henry Keller, auch bekannt unter seinem Spitznamen Carlos, den er damals vom SRF erhielt. Mehr als drei Jahre war der 26-Jährige in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies in Regensdorf ZH in Einzelhaft. Anfang dieses Jahres wurde der Häftling ins Regionalgefängnis der Stadt Zürich verlegt. Gleichzeitig war die Versetzung für Brian eine Befreiung aus der Haft, da er nun andere Gefangene besuchen und zur Schule gehen kann. Zuvor wurde er 23 Stunden am Tag in Einzelhaft gehalten. Außerhalb der Zelle waren seine Hände und Füße immer gefesselt und er durfte nur einmal pro Woche Besucher hinter einer Panzerglasscheibe empfangen. Brians Anwalt: „Er durfte 3,5 Jahre lang keine einzige Person anfassen“ (03:30)

„Brian geht es viel besser“

Die Haftverkürzung erfolgte erst nach jahrelanger öffentlicher Kritik. Etwa durch einen UN-Sonderberichterstatter oder im vergangenen Dezember, als das Bundesgericht den Umgang mit Brian Keller kritisierte. In der Folge wurde das Obergericht Zürich beauftragt, eine Idee für erleichterte Haftbedingungen zu entwickeln. Ab Januar 2022 kann Brian nun moderatere Bedingungen im neuen Gefängnis genießen. Dies scheint auch für die Behörden zu funktionieren. Das Amt für Strafvollzug und Wiedereingliederung erklärt gegenüber der «NZZ am Sonntag»: «Es zeigt, dass die Verlegung und der Wechsel von Justizvollzugsanstalten und Betreuungseinrichtungen tatsächlich zu der erhofften Entspannung der Situation geführt haben.» Nach dieser Bilanz sieht sich Max Keller, Brians Vater, bestätigt. Sein Sohn wird jetzt vom Personal richtig behandelt. “Brian geht es viel besser.” Auch seine Familie würde er wieder umarmen können, was in den drei Jahren bei Pöschwies nie möglich war. Zudem habe sich sein Sohn in der neuen Einrichtung “tadellos” verhalten: “Ich habe immer gesagt: Wenn Brian richtig behandelt wird, dann wird er auch richtig behandelt.” “Carlos”: Das Folterprotokoll: “Ich bin allein” (01:24)

Gerechtigkeit gibt keine Fehler zu

Nach der positiven Veränderung durch die Haftlockerungen stellt sich die Frage, ob das strenge Haftregime im Pöschwies nicht ein Fehler war. Das sieht das Zürcher Justizministerium nicht so. In einem der “NZZ am Sonntag” vorliegenden Statement bestätigt er die hohen Standards in Regensdorf. Im Grunde gehe es darum, “in welcher Einrichtung ein Inhaftierter den Umständen entsprechend am besten versorgt wird”. «Carlos» heute: Das berichtete das «NZZ Magazin» über Brian Keller. Brians Anwalt Philip Stolkin sieht das hingegen ganz anders. Er sagte der Zeitung: „Das Narrativ des Justizministeriums, dass Brian ein gefährlicher Psychopath ist, vor dem man sich und andere schützen muss, ist zusammengebrochen.“ Nun hofft er, dass Pöschwies intern unter Druck gerät. Unter dem Namen Carlos wurde Brian 2013 bekannt, als SRF im Rahmen der Sendung „Der Jugendanwalt“ einen TV-Beitrag über ihn veröffentlichte. Dies löste in der Folge in der Schweiz eine Debatte über die Haftbedingungen aus. Noch heute wird Brian wegen Sachbeschädigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung angeklagt. (obf)