Nachdem am Samstag bekannt wurde, dass die Schweiz das Gebiet “Nördlich Lägern” als Standort für ein geplantes Atommüll-Endlager bevorzugt, sind die Menschen am Oberrhein besorgt und teilweise sogar verärgert. Das Gebiet liegt nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt – in unmittelbarer Nähe zur baden-württembergischen Gemeinde Hohentengen (Kreis Waldshut). Überraschend ist, dass Nördlich Lägern das Standortauswahlverfahren bereits abgebrochen hatte. „Man muss sehr gut erklären, warum ein aufgeschobener Standort plötzlich zum bevorzugten Standort wird.“ Die Einwohner der Gemeinde Hohentengen wissen, dass radioaktive Abfälle vorhanden sind und entsorgt werden müssen, sagte Bürgermeister Martin Benz. Sie sind auch der sicherste Aufbewahrungsort. Aber jetzt müssen Sicherheitsfragen beantwortet werden, etwa Unfallszenarien.
Endlager für Atommüll ab 2050
Dort werden ab 2050 hochradioaktive Brennelemente aus Schweizer Kernkraftwerken mehrere hundert Meter unter der Erdoberfläche in Schiefer gelagert. Dies wurde von der Nationalen Genossenschaft für die Entsorgung radioaktiver Abfälle (Nagra) bestätigt. Die Verpackungsanlage für die Brennstoffzellen soll am Zentrallager in Würenlingen, Schweiz, errichtet werden. “Auf deutscher Seite wird erwartet, dass wir als Nachbarn in Verfahren und Entschädigung den Gemeinden und Kantonen der Schweiz gleichgestellt werden.”
Besondere Geologie als Begründung
Ausschlaggebend für den Standort Nördlich Lägern sei die Geologie gewesen, sagte Nagra-Präsident Matthias Braun gegenüber dem Schweizer Radio SRF. Eine ausführliche Begründung wird am Montag vorgelegt. Für das Endlager in der Schweiz standen drei Standorte zur Auswahl – alle nahe der deutschen Grenze am Oberrhein zwischen Bodensee und Basel. Bern/Oberrhein In der Schweiz ist bekannt geworden, wo das Endlager für radioaktive Abfälle gebaut werden soll. Es ist das Gebiet „Nördlich Lägern“, wenige Kilometer von Hohentengen entfernt im Landkreis Waldshut. mehr…
Sorge um den Schutz des Trinkwassers
Die lokale Initiative „Nördlich Lägern ohne Tiefenlage“ reagierte verärgert auf die Entscheidung. Laut einer Mitteilung muss die Nagra gut erklären, warum sie die Seite vor Jahren abgelehnt und dann wieder in die Suche aufgenommen hat. Deutsche Gemeinden in Grenznähe beschäftigen sich vor allem mit dem Thema Trinkwasserversorgung. „Wir haben überall Trinkwasserbrunnen, wir haben die Aare und den Rhein in der Nähe“, sagt Martin Steinebrenner vom Regionalverband Hochrhein-Bodensee. Das Thema Trinkwasserschutz ist ein wichtiges Anliegen der Bevölkerung. Die Waldshuter SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter sagte in einer ersten Stellungnahme: „Der Standort für ein Endlager muss der sicherste sein.“ Viele Fragen zu den radiologischen Auswirkungen des atomaren Tiefenlagers auf den Menschen, die grenzüberschreitende Umwelt und die Trinkwasserversorgung bleiben jedoch unbeantwortet.
Minister BW: Er wird die Pläne überprüfen
Auch das Umweltministerium Baden-Württemberg sieht die Standortentscheidung skeptisch. Die Pläne würden nun genauer unter die Lupe genommen, sagte Ministerin Thekla Walker (Grüne) auf SWR-Anfrage. Baden-Württemberg fordert von der Schweiz die bestmöglichen Sicherheits- und Transportmöglichkeiten. Denn viele Menschen in Baden-Württemberg sind von dem geplanten Endlager betroffen – vor allem im Raum Waldshut, aber auch in den Landkreisen Lörrach, Konstanz und im Schwarzwald-Baar-Kreis. Auch das Bundesumweltministerium sprach von einer hohen Belastung der Bevölkerung in Baden-Württemberg. „Ich setze mich mit der Schweiz dafür ein, dass die gute Integration unserer deutschen Nachbarn weitergeht“, sagte Christian Kuhn (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium.
Das Referendum könnte die Entscheidung kippen
Die Standortwahl ist heute ein Zwischenschritt in einem langen Prozess. Die Schweizer Regierung wird den verbindlichen Entscheid erst Ende des Jahrzehnts treffen. Am Ende könnte ein Referendum den ganzen Prozess umkehren und die Suche nach einem Endlager müsste von vorne beginnen. Der bisher in der Schweiz anfallende Atommüll befindet sich derzeit noch in Räumen an der Erdoberfläche – in den Kernkraftwerken und in zwei Zwischenlagern. Die Schweiz betreibt seit 1969 Kernkraftwerke. Eines der Kraftwerke wurde abgeschaltet, vier sind noch in Betrieb.