Immer mehr Menschen in Wien sind auf soziale Märkte angewiesen – doch dort kommen immer weniger Lebensmittelspenden aus Handel, Großhandel und Produktion an. Diese Waren werden durch Handelsinitiativen zu niedrigeren Preisen verkauft.
09.09.2022 22.55
Online seit gestern, 22:55 Uhr
In den neun Filialen des Social Market Foodpoint kaufen inzwischen mehr als viermal so viele Menschen ein wie vor Beginn der Pandemie. Damals waren es 14.000, heute sind es über 60.000. In Österreich wurden im vergangenen Jahr mehr als 15.000 Tonnen Lebensmittel durch die Sozialmärkte Tafel und SOMA gerettet. So erhielten 160.000 armutsgefährdete Menschen die Basis für 30 Millionen Mahlzeiten. Gleichzeitig erhalten Sozialmärkte weniger Lebensmittelspenden. Denn immer mehr Supermärkte verkaufen ihre überschüssigen Lebensmittel selbst: günstiger vor Ort oder über Handelsinitiativen wie TooGoodToGo. „Grundsätzlich ist jede Maßnahme zur Sensibilisierung der Bevölkerung gegen Lebensmittelverschwendung zu begrüßen“, so Alexandra Gruber, Präsidentin des Verbandes der Tafeln Österreichs. „Ich bezweifle jedoch, dass dies bei Lebensmitteln der Fall sein sollte, die zuvor von Tafeln gerettet wurden, und damit für Menschen, die unter Armut leiden.“
Trockenware fehlt
Preiserhöhungen, die Krise in der Ukraine und die Auswirkungen der Pandemie führen dazu, dass immer mehr Menschen Hilfe bei Tafeln und sozialen Märkten suchen, aber Sachspenden gehen dramatisch zurück. Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln ist in diesem Jahr um ein Drittel gestiegen. Besonders gefragt sind laut Foodpoint Social Markets Trockenwaren wie Reis, Mehl und Zucker – diese werden seltener gespendet, weil sie eine viel bessere Haltbarkeit haben.
Billa “spendet nicht weniger”
Lebensmittelpakete, die bald ausverkauft sein sollten, sind bereits in mehreren Supermarktketten zu reduzierten Preisen erhältlich. Bei Billa zum Beispiel kann man in Wien in einzelnen Filialen drei Kilo Obst und Gemüse für drei Euro kaufen. Die Spende liegt nach Angaben des Unternehmens nicht weniger als ein Jahr zurück – obwohl damals auch der Bedarf an günstigeren Lebensmitteln geringer war. Nach eigenen Angaben spendet die Supermarktkette jährlich Lebensmittel im Wert von 27 Millionen Euro.