Angriffsabteilung – CDU-Chef Merz hat zum Auftakt des Bundesparteitags einen vernichtenden Angriff auf die Regierung gestartet. Zur Frauenquote, die in der CDU umstritten ist und auf dem Parteitag abgestimmt werden soll, sagte er nichts.

Zum Auftakt des Bundesparteitags seiner Partei in Hannover attackierte CDU-Chef Friedrich Merz die Bundesregierung und bekräftigte den Führungsanspruch seiner Partei. Nach der Begrüßung der rund 1.000 Delegierten sagte er, Deutschland sei in Krisenzeiten und vor einer möglichen Rezession „wahrscheinlich eine der schwächsten Bundesregierungen aller Zeiten“.

Präsident Merz eröffnet CDU-Bundesparteitag mit scharfer Kritik an Ampelkoalition

Marco Heuer, NDR, Tagesschau 15:00 Uhr, 9.9.2022

Bundeskanzler Olaf Solz müsse in der Energiekrise Zuständigkeiten aus dem Finanzministerium ins Bundeskanzleramt bringen, sagte Mertz. Finanzminister Robert Habeck warf er Inkompetenz vor: Deutschland könne sich kein “Traineeprogramm” für Finanzminister leisten, und dafür brauche jemand im Amt jemanden, der das verstehe.

Nur CO2 zu vermeiden, reicht nicht mehr aus

Um der Energiekrise zu begegnen, müssten alle Energieträger genutzt werden: Braunkohle, Steinkohle – „und natürlich Atomkraft“, sagte Mertz. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 ist jedoch mit heutigen Mitteln nicht mehr zu erreichen. Mit der CO2-Vermeidung, wie es bisher der Fall war, wird es sicher nicht funktionieren.

“Dann müssen wir Technologien einsetzen”, sagte Mertz und warb für den entsprechenden Vorschlag des Parteivorstands. CO2 ist nicht nur als Treibhausgas zu verstehen, sondern auch als Rohstoff, es soll recycelt werden. „Was hält uns jetzt davon ab, neueste Technologien klimaneutral zu entwickeln?“ Deutschland sollte sich der Herausforderung stellen, solche Technologien zu entwickeln – möglichst mit seinen europäischen Nachbarn, aber „wenn nötig allein“.

Am Nachmittag nahmen die Delegierten einen weiteren viel beachteten Vorschlag des Parteivorstands an: Sie stimmten für die Abschaffung der Erdgasabgabe und den Erhalt der verbleibenden Atomkraftwerke in Deutschland. Die Gasabgabe sei „handwerklich schlecht“ und „sozial unausgewogen“, hieß es in der Erklärung. Sie würden private Haushalte und Unternehmen “überproportional” belasten. Weitere Vorgaben in der Umsetzung sind eine Preisobergrenze für einen Gas- und Stromgrundbedarf für Privathaushalte sowie eine Energiepauschale von 1000 Euro für Haushalte im unteren Einkommensdrittel.

Merz: Er hätte den Export von Marder-Panzern genehmigt

Als er den russischen Angriff auf die Ukraine ansprach, warf Mertz der Regierung erneut vor, nicht genug zu tun, um der Ukraine zu helfen. Merz zufolge hätte er einer Regierung mit FDP und Grünen die Ausfuhrgenehmigung für 100 Marder-Panzer erteilt. Freiheit, Demokratie und Liberalität sind die höchsten Güter und müssen dafür bezahlt werden.

Die CDU habe dem Sonderfonds von mehr als 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr auch deshalb zugestimmt, weil sie eine Mitverantwortung für den Zustand der Truppe habe, räumte Merz ein. Er warf der SPD wegen ihrer Russlandpolitik “politische Korruption” vor.

„Niemals“ Zusammenarbeit mit der AfD

Mertz erinnerte auch an den Vorfall mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, als dieser Israel im Bundeskanzleramt von Bundeskanzler Scholtz unmissverständlich mehrere „Holocausts“ an den Palästinensern vorwarf. Er hätte sich nie vorstellen können, dass es passieren könnte, dass die Kanzlerin nichts dagegen hat. Mertz verwies auch auf den Skandal um die documenta-Kunstausstellung in Kassel und forderte einen entschiedenen Kampf gegen Antisemitismus.

In diesem Zusammenhang bekräftigte er seine Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der AfD auf allen politischen Ebenen. “Es wird niemals eine Zusammenarbeit mit dieser Partei geben”, sagte Mertz.

Quotenjahresdebatte für Frauen und Gesellschaft

Der Parteitag wird sich aber auch mit parteiinternen Themen befassen müssen – mit Spannung wird die Debatte über die CDU-Frauenquote erwartet, über die die Delegierten heute abstimmen sollen. Mertz erwähnte diesen Streitpunkt in der Partei in seiner Rede mit keinem Wort. Erwartet wird auch eine Diskussion über eine neue Sozialpflichtleistung, das Sozialjahr.

Die Delegierten haben bereits beschlossen, die Satzung zu ändern – damit wurde der neue Posten des stellvertretenden Generalsekretärs geschaffen. Der Parteitag wählte die Bundestagsabgeordnete Christina Stump mit 89,6 % in dieses Amt. Mertz hatte sie für die Stelle empfohlen. Insbesondere soll er sich um eine bessere Anbindung der Landesverbände an die Parteizentrale in Berlin kümmern und diese im Kommunalwahlkampf unterstützen. Sie sehe sich als „Sprachrohr auf kommunaler Ebene“ und wolle die Jugendarbeit der CDU stärken, sagte die gebürtige Baden-Württembergerin in ihrer Bewerbungsrede.

                Christina Stump aus Baden-Württemberg ist die erste stellvertretende Generalsekretärin der CDU.  Das Amt wurde auf Wunsch von Merz durch Satzungsänderung geschaffen.  Bild: EPA