Aufgrund der hohen Energiepreise braucht nun auch der ostdeutsche Gasimporteur VNG Unterstützung. Der Energieversorger hat heute einen Antrag auf staatliche Beihilfen beim Bundesministerium der Finanzen gestellt.
Nach Uniper braucht nun auch der ostdeutsche Gashändler VNG wegen rasant steigender Energiepreise Hilfe vom Staat. „Um weiteren Schaden von VNG abzuwenden und die Handlungsfähigkeit der VNG-Gruppe als Ganzes sicherzustellen“, sah sich das Unternehmen veranlasst, einen entsprechenden Antrag zu stellen, teilte der Energieversorger heute mit. Die Tochter des Energiekonzerns EnBW ist einer der größten deutschen Gasimporteure.
Das Wirtschaftsministerium bestätigt den Antrag
Das angeschlagene Unternehmen hat beim Bundesfinanzministerium einen Antrag auf sogenannte Stabilisierungsmaßnahmen gestellt. „Die Maßnahmen dienen dazu, die derzeitige Häufung erheblicher Verluste aus der Ersatzlieferung von Erdgas aufzufangen und den Geschäftsbetrieb fortzuführen“, sagt die Karlsruher Muttergesellschaft EnBW, die die Mehrheit hält.
Das Finanzministerium bestätigte am Vormittag im ARD-Studio der Hauptstadt, dass der Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen nach dem Energiesicherungsgesetz eingegangen sei. Der Antrag werde nun gründlich geprüft, sagte er. Viele Fragen blieben zunächst unklar – zum Beispiel, um welche Beträge es geht und ob der Bund eine Beteiligung in Betracht ziehen könnte. Es gebe mehrere Möglichkeiten, sagte ein Ministeriumssprecher. Welches Instrument gewählt wird, ist offen.
VNG deckt ein Fünftel des Gasbedarfs
Die Leipziger Verbundnetzgas AG (VNG) ist Deutschlands drittgrößter Erdgasimporteur nach Uniper und der ehemaligen Gazprom-Tochter Gazprom Germania, die derzeit unter der Schirmherrschaft der Bundesnetzagentur steht und in SEFE umbenannt wurde. Im Jahr 2021 deckte der Konzern etwa ein Fünftel des deutschen Erdgasbedarfs. Rund 1.500 Mitarbeiter beschäftigt das Leipziger Unternehmen nach eigenen Angaben. Im Geschäftsjahr 2021 erzielte VNG einen fakturierten Umsatz von rund 18,5 Milliarden Euro.
Die Muttergesellschaft EnBW bezeichnet das Unternehmen als systemrelevant für die Versorgungssicherheit in Deutschland und spiele eine wichtige Rolle in Sachsen und Ostdeutschland. Damit beliefert die VNG-Gruppe rund 400 Stadtwerke und Industrieunternehmen mit Erdgas. Zum Vergleich: Der Krisenkonzern Uniper, für den die Bundesregierung im Juli ein milliardenschweres Rettungspaket geschnürt hat, soll rund 1000 Kunden haben.
Zwei Verträge werden nicht mehr bedient
Aufgrund der Unterbrechung der russischen Versorgung müssen Gasimporteure Gas zu Wucherpreisen am Markt kaufen, um ihren Verpflichtungen gegenüber Kunden nachzukommen. Nach Angaben des Unternehmens hat sich die Situation seit August deutlich verschlechtert. Russland hat die Erdgaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nun komplett eingestellt.
In Russland sind laut VNG zwei Verträge von Lieferausfällen betroffen. Es bestehe ein direkter Vertrag über etwa 35 Terawattstunden (ThW) Erdgaslieferung pro Jahr mit Gazprom Export, die derzeit nicht mehr in Betrieb sei, hieß es in der Mitteilung. Auch der größte Vertrag „inländischer Vorlieferant“, der eine Gaslieferung von rund 65 TWh pro Jahr umfasst, wurde seit Mitte Mai nicht mehr konsequent erfüllt.
Anders als bisher erwartet, musste VNG im August bei historisch hohen Erdgaspreisen einen erheblichen Teil der Kosten für die Ersatzversorgung tragen. Das Unternehmen schätzt den Schaden für dieses Jahr auf rund eine Milliarde Euro. Dem steht auch die ab Oktober geltende Erdgasumlage nicht entgegen.
VNG will Staatshilfe beantragen
Michael Herr, SWR, 09.09.2022 10:48 Uhr